Wir alle wissen wie Engagement aussieht. Man ist aktiv
und achtsam: „Was ich hier sehe, in meiner Welt, meiner Branche, bei den
Kunden – was sich hier tut, wie passt das zu dem, was wir gerade
machen? Können wir das nutzen oder sollen wir das wegfließen lassen?
Soll ich das als Vorschlag einbringen und mit den Kollegen diskutieren?
Ich mach‘ das gleich mal.“
Sie haben es, nicht wahr? Es ist vor Ihren Augen. Vielleicht fühlen Sie es gar, wie Engagement wirkt?
Reingetrottet
Das Gegenteil von Engagement ist nicht
Sabotage. Das Gegenteil klingt so: „Was soll’s. Ich kann mich nicht um
alles kümmern. Ich habe genug zu tun, ich mache hier meinen Job und
fertig.“ Dienst nach Vorschrift.
In den meisten Fällen steckt
hinter „Dienst nach Vorschrift“ keine böse Absicht. Ja nicht mal Absicht
überhaupt. In den meisten Fällen fehlen ganz einfach Anreize,
Herausforderungen.
Wenn das Wegschaffen von (viel) Arbeit auf Dauer genug ist, damit man belohnt wird, und wenn um einen herum niemand ist, der Kraft hat und herausfordert, dann werden viele Opfer von Dienst nach Vorschrift. Wenn gute Leute „nach neuen Herausforderungen suchen“, also gehen, dann sind die Signale nicht mehr zu übersehen.
Der Kunde merkt es oft zuerst
Es ist noch nicht lange her, da
hat mir in einem Vorgespräch der Geschäftsführer eines
IT-Dienstleisters folgendes erzählt: Zum Ende eines größeren Projekts
mit einem langjährigen Kunden hat ihn der Geschäftsführer dort ins Gebet
genommen. „Was Sie machen, machen Sie gut. Wir sind da auch ganz
zufrieden. Was von Ihnen aber gar nicht kommt, sind Ideen, Anregungen,
Hinweise über die reine Arbeit hinaus. Wir erwarten von einem
Dienstleister wie Ihnen, dass Sie gemeinsam mit uns auch über den
Tellerrand gucken.“
Das hat gesessen. „Wir waren gerade dabei, das
gelungene Projekt zu feiern und die Rechnung zu stellen. Und dann so
ein Schuß vor den Bug. Gott sei Dank muss ich sagen – im Nachhinein.“
Die Botschaft war klar: Ihr zeigt zu wenig Engagement. Vielleicht hatte der Kunde gar schon erste Gespräche mit Wettbewerbern geführt und wurde auf geschäftskritische Entwicklungen aufmerksam gemacht? Auf jeden Fall hatte er Vertrauen in seinen Lieferanten und sich wohl gedacht: Bevor wir jetzt die Pferde wechseln, wollen wir mal schauen, ob unsere nicht doch ein bisschen höher springen können.
Engagement ist nicht gleich Engagement
Man kann Engagement
über Kompensation motivieren. Also Leistungsvergleiche und Boni usw. Die
Gefahr ist groß, dass man damit allerdings die Leute zu Einzelkämpfern
erzieht, die ihr Wissen schützen, die sich abschotten. Kleine Ich AGs.
Das ist das Klima, in welchem die guten Verkäufer schnell weiter ziehen.
Dorthin, wo die Boni noch höher sind. Niemand kann ihnen das verdenken.
Das
andere Engagement ist ein „Wir“-Engagement. Wir in diesem Projekt: Die
Verkäufer, die Programmierer, unser Service, die Leute beim Kunden, die
Kunden vom Kunden. Dieses Engagement macht nicht dicht, sondern ist
ansteckend. Und, man kann es fordern und fördern.
Wir Menschen sind auch deshalb eine so erfolgreiche Art, weil wir zusammen arbeiten wollen und können. Die Belohnung für dieses Engagement ist ein tolles Gefühl tief innen. Auch sehr gute Leute wollen aus solch einem Klima nicht weg (die Bezahlung muss natürlich stimmen).
Wie fördert man dieses Wir-Engagement?
Ich sehe immer wieder,
dass selbst mechanisch vor sich hin schlürfende Organisationen schnell
wach werden. Die Köpfe gehen hoch, aus zynischem Grinsen wird
neugieriges Lächeln. Die Menschen spüren, dass hier was passieren
könnte. Etwas, das sie aus dieser Eintönigkeit befreien kann und ihrem
Tun eine Brennstoffzelle andockt. Gemeinsam was leisten – tolle
Ergebnisse, intrinsisch motiviert.
Nach meiner Erfahrung startet so ein Wandel am stärksten mit einer Diskussion. Doch Vorsicht! Eine Diskussion, die abgleitet in „Warum alles so schlecht ist. Warum die Dinge so laufen, wie sie laufen. Wer oder was Schuld hat, dass ..“, zementiert nur die trübe Lage.
Springen Sie aus dem Gleis!
Wenn Sie Ihr Team wachrütteln
wollen, stellen Sie eine neue Idee vor. Nehmen Sie dazu was
Herausforderndes. Etwas das zwar Hand und Fuß hat aber vielleicht aller
Erfahrung widerspricht. Genau, nehmen Sie etwas das Widerspruch
entfacht. Vielleicht laden Sie dazu auch jemanden von außen ein, der
eine Idee mitbringt?
Wenn Sie so weit sind, beginnen Sie eine
solche Diskussion mit Ihrem Team. Zum Beispiel: „Wir haben hier eine
völlig neue Verwendung (Zielgruppe, oder, oder) für unser Produkt. Wie
seht ihr das?“
Hören Sie die Meinungen an. Alle Meinungen. Am besten wird es, wenn sich gegensätzliche Meinungen im Team entwickeln. Sorgen Sie dafür, dass keine Meinung unterdrückt wird. Erfahrung im Anleiten von Brainstorming ist sehr hilfreich hier. Ein Externer sollte das mitbringen.
Reibung erzeugt Wärme
Was Sie wollen, das ist ein bisschen
Reibung. Friede, Freude, Eierkuchen, das ist das was wahrscheinlich
schon da ist, wenn Sie so eine Diskussion starten, oder? Das Haupt-Ziel
dieser ersten Diskussion ist nicht, die neue Idee zu untersuchen,
sondern das Klima zu ändern. Von „Ich mache hier, was man von mir
erwartet.“ zu „Wir arbeiten hier gemeinsam an tollen Projekten.“
Vielleicht
müssen Sie so eine Diskussion 2 oder 3 mal initiieren, bevor die ersten
mit eigenen Ideen kommen, was man mal diskutieren müsste. Vielleicht
passiert es auch schneller.
Ernten
Und wie schnell
passiert es dann, dass eine Idee als sehr vielversprechend aus der
Diskussion raus kommt. Was dann? Nun, wie oben schon gesagt, diese Art
Engagement ist ansteckend. Von Ihrem Team aus breitet es sich aus. Die
Leute bei Ihnen im Unternehmen werden das Potenzial der Idee erkennen.
Und Ihre Kunden? Die haben schon drauf gewartet.