Um jemandes Aufmerksamkeit zu bekommen, ist „Muster unterbrechen“ sehr wirksam.
Was heißt das: „Muster unterbrechen“?
„Oh, have I got your attention now?“ verhöhnt Blake (Alec Baldwin) Levine (Jack Lemmon), nachdem er ihm verboten hat, sich Kaffee einzuschenken. Etwas das Levine, er ist ja in „seinem“ Büro, ganz selbstverständlich tut. Und ja, Levine ist geschockt. Blake hat seine volle Attention. (Google nach „Coffee’s for closers“ für den Flimausschnitt mit Baldwin/Lemmon).
Das ist natürlich heftig. Und dort, wo ein normaler Umgang gepflegt wird, würde so was das Ende des Gesprächs bedeuten. Noch bevor es angefangen hat.
Muster unterbrechen, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, das geht auch subtiler. Also sanfter und verdeckter. Und manchmal ist das auch angebracht.
So kann man einen Vielredner, der es vielleicht auch noch gewohnt ist, dass man ihm zuhört, subtil unterbrechen, indem man etwas fallen lässt. Und während man den Kugelschreiber (Schlüsselbund, Mappe, etc.) aufhebt und der Redner in seinem Fluss (Muster) unterbrochen ist, kann man lenken: „Oh, spricht was dagegen, dass wir uns XYZ mal näher anschauen?“
Es ist auch subtil, jemandes ablehnende Haltung (Muster) zu unterbrechen, indem man ihn dazu bringt, etwas von uns zu nehmen. Wir schieben zum Beispiel ein Papier über den Tisch mit einer interessanten Grafik zum Thema. Wenn er hingreift, ist das die halbe Miete. Das Eis bricht.
Den letzten Beispielen ist gemeinsam, dass der Andere nicht merkt, was passiert. Das Ergebnis dieser Art „Muster unterbrechen“ ist keine heftige Emotion, sondern unterschwelliges „Aufmachen“.
Es ist schwer zu erkennen. Selbst wenn man weiß, dass es das gibt und wie es funktioniert.
Und das ist auch ein Grund, weshalb ich davon rede: Ich war selber kürzlich zwei Mal hintereinander als „Opfer“ auserkoren. Und zwar auch noch auf einem meiner Spezial-Felder: Kaltakquise mit dem Telefon.
Beim 1. Mal, vor 3-4 Wochen, habe ich den Versuch noch instinktiv abgewehrt. Beim 2. Mal habe ich erkannt, dass es eine Masche (Muster) ist, das Muster zu unterbrechen.
Was ist der Trick – wie ist die Musterunterbrechung angelegt?
Es ruft mich jemand auf meinem Handy an. Ich melde mich nicht mit meinem Namen, wenn der Anrufer nicht in meinen Kontakten ist und ich ihn nicht kenne. Wenn er seine Nummer unterdrückt, gehe ich gar nicht erst ran.
Also ich tonlos: „Hallo“.
Der Anrufer freudig, aktiv: „Hallo Gerold, Du weißt vielleicht nicht, weshalb ich dich anrufe.“ – Schweigen – Das heißt, ich bin wieder dran. Vielleicht ist es ja ein Freund oder Vereinskamerad, den ich nicht gleich an der Stimme erkenne.
Ich: „Wer ist denn da?“ – Und jetzt kommt die Musterunterbrechung. Normal wäre nämlich, dass ich jetzt seinen Namen höre, um ihn zu identifizieren und das Gespräch einzuordnen. Das passiert aber nicht.
Ich höre ein: „Hier afdr ist afdrexraffge.“ Schlechte Akustik, Knacksen, Rauschen. Völlig unverständlich.
Ich: „Ich habe nichts verstanden.“
Er erneut: „Hier afdr ist afdrexraffge.“
Beim ersten Anruf, vor 3-4 Wochen, habe ich an dieser Stelle aufgelegt. Ich hatte das seltsame Gefühl, als ob der Anrufer nicht berechtigt ist, mich in so vertrautem Ton anzusprechen. Andererseits, dachte ich, wenn es wirklich ein guter Bekannter ist, dann ruft er noch mal an und stellt sicher, dass ich ihn verstehe.
Beim 2. Anruf, vorgestern, blieb ich länger dran: „Ich habe es immer noch nicht verstanden.“
Ich war gespannt, was als nächstes passiert. Und er hat natürlich nicht seinen Namen gesagt, sondern es kam ein völlig klar verständliches: „Ist es so besser?“ – Das nennt man Fishing for Yes.
Wer da unbedarft mit „Ja“ antwortet, ist ihm schon halb auf den Leim gegangen. Ich habe an der Stelle aufgelegt.
Enkeltrick?
Ja. Es ist so etwas wie der Enkeltrick. Der Anrufer unterbricht mehr oder weniger geschickt das soziale Handshake-Muster. Er hat sich nicht vorgestellt und ist trotzdem er an der Tür vorbei. Und jetzt plaudert man – vielleicht über das schlechte Mobilfunknetz, oder so.
Wir haben ihn also rein gelassen. Und wer A sagt muss auch B sagen, oder?